SR
Ich wäre so gerne heimgekommen
Info, Geschichte • 27.01.2025 • 10:30 - 11:00
Eduard Sens, ein schlichter Mann, der jahrelang am Bahnhof als Dienstmann die Koffer der Reisenden in die Hotels schleppte wurde später als Insasse einer Heil- und Pflegeanstalt ermordet.
Vergrößern
Arztbericht: Allein der Verdacht auf eine Erbkrankheit war schon ein sicheres Todesurteil.
Vergrößern
Maria Lauer, Zeitzeugin, Jahrgang 1918, erlebte als Krankenschwester den Transport Hunderter Kranker in den sicheren Tod.
Vergrößern
Euthanasie-Denkmal in Berlin: Direkt an der Philharmonie steht nach jahrelanger Diskussion endlich ein Denkmal, dass an die zehntausenden Ermordeten erinnert.
Vergrößern
Originaltitel
Ich wäre so gerne heimgekommen - NS-Euthanasie im Saarland
Produktionsland
D
Produktionsdatum
2014
Info, Geschichte
Niemand hat ihre Zahl genau erfasst, aber nach Schätzung von Experten fielen dem so genannten "Euthanasie-Programm" in Nazi-Deutschland zwischen 1939 und 1945 rund 200.000 Menschen zum Opfer. Hinter dem "schönen Tod" - so die wörtliche Übersetzung - steckte ein perfides System, das von den Propagandisten und Ideologen des "Dritten Reiches" langfristig vorbereitet wurde. Nur so war der organisierte Mord an so genannten "nutzlosen Essern" möglich. Völlig unabhängig von ihrem Lebensalter und dem Grad oder den Ursachen ihrer Handicaps wurden zehntausende Menschen wahlweise als "Krüppel", "Idioten", "Schwachsinnige", "Irre" oder "Erbkranke" eingestuft und ausgesondert. Für die meisten Betroffenen ein sicheres Todesurteil. In zentralen Einrichtungen wurden sie entweder vergast oder zu Tode gespritzt. Oder man ließ sie einfach verhungern. Im Saarland (so hieß die Region seit dem Anschluss 1935) gab es keine spezielle Tötungseinrichtung. Aber das bewahrte die behinderten Menschen in der Region nicht davor, ebenfalls fast flächendeckend ermordet zu werden. Historiker gehen davon aus, dass in der Region mehrere Tausend Kranke und Behinderte - oft auch unter Vorspiegelung falscher Tatsachen - von ihren Familien getrennt und schließlich getötet wurden. Widerstand ist kaum bekannt geworden. Falls doch, wurde er wenig dokumentiert. Manchmal schrieben die Opfer Briefe nach Hause oder erklärten bei einem Besuch der Familienangehörigen in der Anstalt, dass sie lieber heimgehen wollen. Solche Willensbekundungen der Opfer sind überliefert. Sicher ist: Einzelne Angehörige haben versucht, ihre Kinder, Geschwister, Onkel, Tanten oder Eltern aus der Todesmaschinerie zu befreien - oft unter eigener Gefahr, aber manchmal sogar mit Erfolg. Waren andere Familien nach Jahren der Indoktrination vielleicht sogar stillschweigend einverstanden, dass der NS-Staat ihnen diese familiäre "Last" abnahm? Glaubten sie wirklich Versprechen, ihre Angehörigen würden medizinisch betreut? Trösteten sie sich damit, dass es "so doch vielleicht besser" war, wenn manchmal schon nach kurzer Zeit die Nachricht kam, ihre Tochter oder ihr Bruder sei "an einer Lungenentzündung" gestorben? Und was geschah mit den Ärzten, die solche "Sonderbehandlungen" mit getragen oder sogar organisiert hatten? Nach heute vorliegenden Erkenntnissen wurden sie nach dem Zusammenbruch des "Dritten Reiches" kaum juristisch belangt. Vielen gelang nach dem Krieg sogar eine bemerkenswerte Karriere - Einigen sogar an der Homburger Uni-Klinik. SR-Autor Mirko Tomic ist im Saarland und Berlin auf Spurensuche gegangen, hat die letzten Zeitzeugen und Familienangehörige aufgesucht und Experten befragt. In seinem 30-Minuten-Film erläutert er das menschenverachtende System hinter dem "schönen Tod", beleuchtet das Schicksal von Opfern und Angehörigen und die - meistens ausgebliebenen - Folgen für die Täter.